„Einheit in Vielfalt? – Braucht es eine gemeinsame europäische Identität?“ Diese Leitfrage bestimmte das Programm unseres diesjährigen Europatages, das sich wie in jedem Jahr an die Schülerinnen und Schüler der Jgst. 11 richtete.

Als Einführung in den Tag und dabei schon fast als Gegenpol zu einer solchen eher visionären Fragestellung präsentierten die Schülerinnen und Schüler eines Projektkurses aus unserer Stufe ihr selbst entwickeltes Theaterstück „Wir Deutschen!?“. Vor allem mit Blick auf die deutsche Geschichte und aktuelle gesellschaftliche Diskussionen zeigte ihr Stück die negativen Konsequenzen, wenn Gesellschaft unter einem Identitätsbegriff oder einer Leitkultur vereinheitlicht werden sollen. Mit ihrer Deutung, dass solche Vereinheitlichungen, wenn sie von einer schweigenden Masse geduldet werden, beinahe zwangsläufig zu Ausgrenzung führe, gaben sie uns spannende Denkanstöße und boten eine gute Grundlage für den weiteren Tag.

Damit wir Schülerinnen und Schüler uns aus verschiedenen Blickwinkeln mit dem Thema beschäftigen konnten, wurden im Anschluss vier verschiedene Workshops von den Lehrerinnen und Lehrern unserer Schule angeboten. Uns wurde die Möglichkeit offengelassen, uns bereits im Vorfeld für den Workshop einzutragen, der uns man meisten interessiert. Zur Auswahl hatten wir einen Workshop, der sich mit der neuen und vor allem auch von jungen Proeuropäern getragenen Bewegung „Pulse of Europe“ beschäftigt. Ein weiterer setzte sich wiederum mit einer Gegenposition, nämlich mit der identitären Bewegung, der neuen Rechten und dem Konzept des Ethnopluralismus auseinander, während der dritte sich unter dem Titel „Digger, isch hasse Nationalismus“ mit Deutschrap mit Migrationshintergrund befasste. Der letzte Workshop, der uns zur Auswahl stand, wandte sich dem aktuellen Thema Brexit mit Blick auf einen eventuellen Frexit oder Dexit und damit der Frage zu, ob es in Europa nicht gerade Tendenzen gebe, die eine Rückkehr zum Nationalstaat befürworten.

Ich persönlich habe mich für den Workshop, der sich mit Deutschrap mit Migrationshintergrund befasste, entschieden. In diesen führte uns unsere Lehrerin in das Thema ein, indem sie uns ein Interview („Meine Nation ist Mensch. Mein Land ist die Welt“) des deutschen Rappers PA Sports zeigte, in dem es allgemein um die nationale Identität des Rappers ging. Das Interview war die Basis für die Texte, die wir im Nachhinein über Deutschrap mit Migrationshintergrund lasen. Um unsere Ergebnisse möglichst detailliert festzuhalten, wurden die Schüler aus unserem Workshop in Gruppen eingeteilt, die sich mit verschiedenen Aspekten in deutschen Rapliedern von Rappern mit Migrationshintergrund auseinandersetzten. Meine Gruppe etwa beschäftigte mich mit dem Frauenbild in den Musikvideos und den Texten.

Nach dieser Workshop-Phase gab es dann eine gemeinsame Mittagspause. Da gerade auch das Essen einen Teil unserer Identität ausmacht, gab es ein „buntes Picknick“, zu dem wir alle etwas beitrugen, vorzugsweise hatte das Essen etwas mit Europa zu tun. So schuf die Mittagspause einen Rahmen, in dem man sich locker mit den Mitschülern oder Lehrern über die Workshops, die EU oder Europa im Allgemeinen und auch über weitere Themen austauschen und unterhalten konnten.

Nach dieser gemeinsamen Mittagspause, in der wir uns zudem die auf Postern festgehaltenen Ergebnisse aus den verschiedenen Workshops anschauen konnten, fand eine abschließende Podiumsdiskussion in der Aula statt. Anders als in den Jahren zuvor, in denen Politikerinnen und Politiker eingeladen waren, hatten in diesem Jahr wir Schülerinnen und Schüler das Wort. Um allen einen klaren Überblick über die Ergebnisse des Tages zu verschaffen, wurden aus jedem Workshop zwei Freiwillige gewählt, die noch einmal die Gruppenergebnisse vorstellten. Zudem agierten zwei Schüler als Moderatoren, die in eine abschließende Diskussion zu unserer Leitfrage überleiteten. Es zeigte sich, dass die Frage nach der Identität eine wichtige Frage ist, aber auch, dass Identitäten auf verschiedene Weise geprägt und aufgebaut werden können. Einig waren wir uns alle in der Ablehnung radikaler Identitätsmodelle, wie sie etwa auf Seiten der neuen Rechten vertreten werden. Auch eine Rückkehr in die Grenzen einer Nation, die dann möglicherweise zu einer Abschottung führen könnte, erschien uns wegen der vielen Vorteile, die ein gemeinsames Europa bietet, als Schritt in die falsche Richtung. Ob oder wann es aber eine wirkliche europäische Identität geben kann und wie diese aussehen könnte, blieb eine offen diskutierte Frage. Auch wenn es viele Denkanstöße in diese Richtung gab, zeigte sich doch, dass es bis dahin noch ein weiter Weg sein könnte. Aber vielleicht sind gerade solche Diskussionen, die uns Probleme und Herausforderungen bewusst machen, ein Schritt in die Richtige Richtung.

Mir persönlich hat unser Europatag sehr gut gefallen. Positiv aufgefallen ist mir, dass vorher mit uns Schülern abgesprochen wurde, was uns interessiert und mit welchen europäischen Themen wir uns gerne beschäftigen würden. Der Einstieg über das Theaterstück war einmal eine Alternative zum normalen Schulalltag. Auch war ich mit meinem Workshop und den Workshops allgemein sehr zufrieden. Die Gruppen waren nicht zu groß und da man sich vorher ein Thema aussuchen konnte, war jeder motiviert, in den Gruppen mitzuarbeiten. Das Highlight des Tages war aber definitiv die Mittagspause. Viele Schüler brachten kulinarische Spezialitäten mit und die gemeinsame Zeit mit Schülern und Lehrern stärkte die Gemeinschaft und führte zu interessanten Gesprächen und einer allgemein entspannten Atmosphäre.

Hannah Heitmüller, Jgst. 11

Europatag 2017 am Cecilien-Gymnasium
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